Gedanken nach der versuchten Brandstiftung
in Christus König

Am Nachmittag des 16. Oktobers haben Unbekannte versucht, die Pietà in der Christus-König-Kirche anzuzünden. Glücklicherweise ist ihnen das nicht gelungen. Aber diese Tat hinterlässt Spuren. Bleibende Spuren. Wie so oft, wenn Menschen etwas zerstören, ganz gleich ob aus Gedankenlosigkeit oder mit purer Absicht.

Bleibende Spuren – eigentlich ist jede Pietà (italienisch für Frömmigkeit, Mitleid) eine solche bleibende Spur. Sie ist das Bild des toten Jesus auf dem Schoß seiner Mutter Maria am Abend des Karfreitags. Und damit ein Bild tiefster Trauer. Sie kann aber auch zu einem Zeichen der Hoffnung werden. Zum Zeichen der Hoffnung für alle, die glauben können, dass nach dem Abend des Karfreitags irgendwann der Ostermorgen kommt.

Die vielleicht bekannteste Pietà steht in der Peterskirche in Rom. Michelangelo hat sie geschaffen. In Christus König haben wir eine Skulptur des Haster Künstlers Ludwig Nolde, der diese Szene im Jahr 1939 gestaltet hat. Seither brennen Tag für Tag immer Kerzen vor diesem Bild. Kerzen, von Menschen entzündet, die mit ihren Sorgen und Nöten kommen, aber auch mit der Hoffnung, dass es doch eine gute Zukunft geben muss, dass Frieden und Gerechtigkeit in dieser Welt möglich sind.

Nachdem wir am Nachmittag der Brandstiftung die Polizei benachrichtigt hatten, war ich eine Zeit lang allein am Ort des Geschehens. Und dann hatte ich plötzlich eine Liedstrophe im Kopf. Und wenig später noch ein paar weitere Gedanken:

Einen Mund
ein gutes Wort
zu sprechen
und zwei Hände
die zärtlich sind
beim Handeln

Solch einen Mund
und solche Hände
ja die hatte er
der Menschensohn aus Nazareth
Mund und Hände
offen für die Menschen

Doch weil er Unrecht
Unrecht nannte
weil er seinen Finger
in die Wunde legte
nicht nur einmal
sondern immer neu

deshalb haben sie ihn
einfach ausgelöscht
getötet
und dann
seiner Mutter
in den Schoß gelegt

Auch in Haste
erinnert uns ein Bildnis
an das Ende
dieses Menschen
dessen Mund und Hände
Gottes Mund und Hände waren

Beides ist nun
tief in Schwarz getaucht
Aus purer Lust
an der Zerstörung
Einfach ausradieren
geht nicht

Ein Bild das vielen
Mut macht
Kraft schenkt
Lasten abnimmt
ist nicht mehr
dasselbe

Polizeilich wird da
nichts zu machen sein
Was bleibt
ist unser Jesus
der nun schwarze Lippen und
verkohlte Finger hat

Ich hör ihn sagen
Hab keine Angst
wenn du den Mund
nicht halten kannst
weil Unrecht
überall regiert

Hab keine Angst
dass deine Finger
schmutzig werden
wenn du dich bückst
und jenen aufhilfst
die im Dreck zuhause sind

Hab keine Angst
und mach es so wie ich
Denn auch wenn ich
ganz tot hier liege
Ich bin nicht tot
geblieben

Und meine Botschaft
die mit dem verbrannten Mund
und den Fingern
tief im Staub der Erde
hört niemals auf
wenn du ihr glaubst

und mir deinen
Mund
und deine
Finger

leihst

Alexander Bergel

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Der Flyer mit diesem Text und weiteren Bildern liegt in unseren Kirchen aus.
Sie können ihn auch hier herunterladen.