Johannes sitzt im Gefängnis. Und Jesus legt richtig los. Andere wären vielleicht weggelaufen. Hätten gedacht: „Ich bleibe lieber zuhause. Alles viel zu gefährlich. Und überhaupt: Was kann ich schon tun? Die Mächtigen, die Starken, die Reichen, die da oben, alle diese Leute bestimmen, wo es langgeht. Ich habe keine Chance!“ So hat Jesus nicht gedacht. Im Gegenteil. Er ging seinen Weg.

Jesus hatte keine politische Mission, keine Agenda. Aber er hatte eine Vision: „Er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ Jesus hält nicht Ausschau nach dem, was irgendwann einmal kommen könnte. Nein, Jesus sagt: Jetzt ist die Zeit, in der Gott sich zeigt. Nicht irgendwann, jetzt!

Wenn wir in diesen Tagen immer wieder hören: „Nie wieder ist jetzt!“, dann bringt das auch etwas in Bewegung: Menschen stehen auf, weil sie dem rechtsradikalen Gedankengut, das sich immer unverhohlener in unserer Gesellschaft ausbreitet, die Stirn bieten wollen: Nie wieder Menschenverachtung! Nie wieder Selektion! Nie wieder Deportation! Nie wieder lebenswertes und lebensunwertes Leben! Ja, nie wieder ist jetzt!

Und auch dies hat etwas mit der Idee vom Reich Gottes zu tun. Denn Gottes Reich zeigt sich immer da, wo Menschen an einer neuen Welt mitwirken. Allerdings nicht an einer Welt mit reinem und unreinem Blut. Nicht an einer Welt der Herrenrasse und der Sklaven. Nicht an einer Welt, in der die einen über Leben und Tod bestimmen und die anderen dem wehrlos ausgeliefert sind. Nein, eine solche Welt hat mit Gott nichts zu tun. Wir haben sie erlebt, diese Welt. Mitten in Europa. Mitten in Deutschland. Das Gift dieser Weltsicht strömt wieder neu aus den Tiefen der braunen Abgründe an die Oberfläche.

Wer in der Spur Jesu unterwegs ist, wirkt mit an einer anderen neuen Welt. Wer in der Spur Jesu unterwegs ist, kann nicht anders, als sich dem braunen Giftschwall entgegenzustellen. Christinnen und Christen erfüllen im Eintreten für die Menschenwürde den Auftrag Jesu. Denn was er die Menschen seiner Zeit hat spüren lassen, gilt bis heute: Du, Mensch, bist geliebt. Und keiner hat das Recht, dir Fesseln anzulegen. Denn dein Leben ist kostbar. Egal, woher du kommst. Egal, was du leistest. Egal, wen du liebst. Punkt.

Jesus hat sich von der Macht der Potentaten, der Zerstörer, der Menschenverachter nicht beirren lassen. Er ist seinen Weg gegangen. Aber nicht alleine. Simon, Andreas, Jakobus und Johannes waren mit dabei. Genauso wie Maria Magdalena, Marta, Salome und Johanna. Und noch viele andere. Ich glaube, jetzt sind wir an der Reihe.

Alexander Bergel