Gedanken nach einer Exkursion zu einer
ganz besonderen Kirche

Manchmal tut es gut, andere Orte zu besuchen, um auch auf die eigenen einen neuen Blick zu werfen. Diese Erfahrung machten einige Mitglieder des Liturgieausschusses unseres Pfarrgemeinderats, die am ersten Sommerferienwochenende nach Aschaffenburg aufbrachen. Das Ziel: die katholische Gemeinde Maria Geburt, die in den 90er Jahren begonnen hat, in einer umgebauten Kirche in innovativer Weise Liturgie zu feiern – mit einem feinen Sinn für das Zusammenspiel von Ästhetik und Verkündigung, mit Mut zum Experiment und immer mit dem Anliegen, dass Menschen sich davon berührt fühlen.

Maria Geburt, das ist zunächst eine neugotische Kirche in Aschaffenburg-Schweinheim. Im Jahr 1999 hat der österreichische Künstler Leo Zogmayer den Kirchenraum neu gestaltet. Weite, Ruhe und Klarheit strahlt er seitdem aus. Weiß dominiert diesen Raum, es gibt einzelne Fensterflächen in Grundfarben und wenige abstrakte Kunstobjekte. Ornamente sind Fehlanzeige, figürliche Darstellungen ebenso – nur eine alte Marienstatue durfte an ihrem Platz bleiben. Diese puristische Gestaltung lässt Besucher:innen, so die Idee von Zogmayer, in die Unbegreiflichkeit Gottes eintauchen. Eigentlich ist Maria Geburt klassisch als Wegekirche konzipiert. Mit der Verdunklung der Apsis beabsichtigte der Künstler, das Zentrum der Kirche in das Kirchenschiff zu verlagern. Dort versammelt sich die feiernde Gemeinde im Kreis um einen quadratischen, beweglichen Altar. Eine festgelegte Sitzordnung gibt es dabei nicht. Die flexibel nutzbare Bestuhlung ist maßgeblich für die Gestaltung der Liturgie in Maria Geburt und hat in 25 Jahren zahlreiche Projekte ermöglicht.

Maria Geburt, das sind auch engagierte Gemeindemitglieder und der leitende Pfarrer Markus Krauth, die ihre Gemeinde mit Leidenschaft, Selbstbewusstsein und einer großen Offenheit für das Ausprobieren gestalten. Sie haben die Kraft der Kunst dieser Kirche entdeckt, miteinander Ideen entwickelt, umgesetzt und auch mal wieder verworfen. Und sind daran persönlich und als Gemeinde gewachsen. Bei einem Studientag am Samstag und beim Kirchencafé nach der Sonntagsmesse erzählten Männer und Frauen uns von diesem Weg. Eines von vielen Ergebnissen konnten wir im Gottesdienst miterleben, als nach der Predigt ein Mikrofon in die Mitte gestellt wurde. Menschen standen auf, teilten ihre Gedanken zum Sonntagsevangelium miteinander und brachten so das Wort Gottes mit ihrem Leben – und auch sich als Gemeinde – in Verbindung. Die Eucharistie mit echtem! Brot und Wein gehört zu Maria Geburt – ebenso wie eine Willkommenskultur, die Gäste wie wir als herzlich und authentisch erfahren durften.

Viele Einblicke in den Kirchenraum, die Liturgie und das Gemeindeleben haben wir in den zwei Tagen gewonnen. Sie waren intensiv und inspirierend – und schnell stand die Frage im Raum: Was nehmen wir davon mit nach Hause?

Zunächst vielleicht die Bestätigung, dass wir mit der Zukunftswerkstatt auf einem guten Weg sind. Auch zu unserer Pfarrei gehört mit St. Franziskus eine Kirche mit einem künstlerischen Konzept, das diese Kirche trägt und zugleich Spielraum bietet für Neues, das wir darin ausprobieren wollen. Auch in der Franziskuskirche würde eine Bestuhlung andere Möglichkeiten schaffen.

Dann das Erlebnis einer Kirche der Beteiligung, die vor Ort konkret wird. Die Menschen in Maria Geburt haben in Gruppen und Gremien Dinge diskutiert, vorangebracht und sich ihre Kirche so zu eigen gemacht. Der Pfarrer hat Innovation und Experimentierfreude angestoßen und begleitet und Menschen gerade in der Liturgie etwas zugetraut. Vieles ist in einer langen Zeit gewachsen, mit Geduld, mit Freude am Gelingen, aber auch mit gelegentlichem Scheitern und entsprechender Kurskorrektur. Christus König bietet sehr ähnliche Ausgangsbedingungen. Aufbrüche gibt es auch hier. Diese weiter zu fördern lohnt sich.

Schließlich die Erkenntnis, dass eine einzelne Gemeinde nicht alles können kann: Maria Geburt bedient nicht alle Interessen und Altersgruppen. Nicht alle Menschen, die zum Einzugsgebiet der Pfarrei gehören, konnten sich mit dem eingeschlagenen Weg identifizieren. Auch dort gibt es wenige junge Mitfeiernde im Gottesdienst – dafür aber Menschen, die eine spirituelle Heimat gefunden haben, die Motivation und Tatkraft freisetzt. Daraus entsteht – auch über den Gottesdienst hinaus – ein Ort mit Anziehungskraft. Vielleicht lohnt sich – gerade in einer kleiner werdenden Kirche – dieser Mut zum Profil, im Wissen darum, dass es an anderen Orten Formen und Angebote gibt, die andere Menschen ansprechen.

Mit solchen Gedanken und auch mit einigen konkreten Ideen sind wir am Sonntag wieder nach Osnabrück gefahren. Sicher werden sie uns über den Sommer hinaus im Liturgieausschuss, im Pfarrgemeinderat und an anderen Stellen weiter begleiten. Was aus den Erfahrungen dieser kleinen Reise wächst – wir sind gespannt!

Simone Kassenbrock

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Einige Bilder der Kirche
finden Sie hier.